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Mein Mann schlägt mich zwar nicht, aber er beleidigt mich den ganzen Tag und gibt mir an allem die Schuld. Was kann ich sagen?


Einleitend, liebe Fr. B., möchte ich Ihnen sagen, dass es keinen Grund gibt, der es rechtfertigen würde, dass Ihr Mann sie beleidigt. Ich hätte natürlich ein paar Fragen, die ich Ihnen gerne stellen möchte, um die Situation besser zu verstehen. Ist dieses Verhalten erst jetzt aufgetreten oder hat Ihr Mann Sie auch vor „Corona“ so behandelt? Welche Veränderungen hat „Corona“ in Ihren Alltag gebracht? Empfinden Sie Ihre Partnerschaft als gleichberechtigt? Beschreiben Sie bitte kurz Ihre Rolle im Zusammenleben. Folgende drei Schritte: Situation ansprechen Einladung zum Gespräch Klares Statement zur gewünschten Veränderung 1. Ansprechen Grundsätzlich ist es wichtig, dass Sie Grenzen setzen. Hilfreich ist es, wenn er selbst versteht, dass sein Verhalten Ihnen wehtut. Sagen Sie ihm, wie es Ihnen geht. Beschreiben Sie das Verhalten und was es mit Ihnen macht. Versuchen Sie sein Verhalten dabei nicht zu werten, sondern so objektiv wie möglich zu beschreiben. Im Idealfall starten Sie in einem „ruhigen“ Moment in das Gespräch. Wenn möglich vermeiden Sie Vorwürfe. Vorwürfe werden sehr häufig mit Rechtfertigungen bzw. Gegenvorwürfen beantwortet. Schnell geht es nur um Schuldzuweisungen und die Beweisführung dagegen. Die (sinnvolle) Unterhaltung über die Verbesserung der Situation findet nicht statt. Beispiel Vorwurfformulierung: „Du“… Immer schimpfst du mit mir. Du bist so gemein zu mir. Musst du mich dauernd beleidigen? Wenn du nicht endlich aufhörst mich zu beschimpfen, dann……. (was dann?…) Alternative: Mir geht es nicht gut. Ich habe das Gefühl, dass ich dir nichts recht machen kann. Was erwartest du von mir? Oder: Wie geht es dir? Ich habe den Eindruck, dass du gestresst bist. Machst du dir Sorgen? Es tut mir weh, wie du mich gerade behandelst. Hast du einen Vorschlag, wie wir gemeinsam gut durch die Zeit kommen? Lass uns gemeinsam darüber nachdenken, wie wir das Beste aus der Situation machen können? Oder: Sie: Sind wir noch ein Team? Er: Warum? Was ist das für eine Frage? Sie: Ich habe den Eindruck, dass ich alles falsch mache. Du schimpfst so oft mit mir und wahrscheinlich bemerkst du das gar nicht. Es macht mich traurig. Ich wäre gerne für dich da, wenn du Sorgen hast. Deine Sorgen, sind auch meine Sorgen. Das betrifft uns beide. 2. Einladung zum Gespräch Vielleicht können Sie bereits nach einer solchen ersten Gesprächseinladung in einen Dialog starten, in dem Sie sich über aktuelle Gefühle und das Miteinander unterhalten können. Vielleicht braucht es aber anfangs noch mehr Einfühlungsvermögen und Verständnis von Ihrer Seite, um ihm das Gefühl zu geben, dass er seine Gefühle, seine Sorgen, Zweifel, Ängste und Frustrationen mit Ihnen teilen kann. Das hört sich wohl seltsam an. Er beleidigt Sie und jetzt sollen Sie einfühlsam sein und ihm entgegen kommen? Wenn wir gestresst sind, ist uns oft nicht bewusst, wie wir unsere Nächsten und Liebsten behandeln. Sie sind willkommenes und oft einzig verfügbares Ventil für negative Gefühle. Die aktuelle Situation bringt viel Unsicherheit und Veränderung mit sich. Das kann wiederum zu Angst, Sorgen, Traurigkeit, Frustration uvm. führen. Jeder verarbeitet das anders. Von einem können wir ausgehen, diese Situation macht mit jedem etwas. Nicht jeder bemerkt es. Viele wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. 3. Statement zu gewünschter Veränderung Jedenfalls sollten Sie klar aussprechen, dass es nicht in Ordnung ist, dass Ihr Mann Sie beleidigt. Und, dass Sie sich nicht weiter beleidigen lassen werden. Wenn er mit Ihnen nicht sprechen möchte, kann er sich auch an eine Hilfshotline wenden und dort mal „Dampf“ ablassen. Einfach Telefonnummern hinlegen. Wenn der nächste Angriff kommt, nehmen Sie diesen nicht an. Denken Sie sich folgendes Bild: Sie spielen Tennis und ihr Parter schießt einen Ball direkt auf Sie. Sie nehmen diesen Ball aber nicht an, sondern lassen ihn vorbeiziehen. Sie gehen aus dem Weg, der Ball geht ins Leere und trifft sie nicht. Wie kann Ihnen das gelingen? Räumlich aus dem Weg gehen, in keine Diskussion einsteigen, mit selbstgebastelten SmileyKarten symbolisieren, dass er gerade das „Wertschätzungsmindesterfordernis“ unterschritten hat……….Wie ist es Ihnen in der Vergangenheit gelungen mit Ihrem Mann ins Gespräch zu kommen?

Eine Antwort von
Silke Pauritsch

Ich kann zum Beispiel sagen: „Das so zu hören, ist für mich frustrierend. Ich brauche Freundlichkeit und Respekt. Könntest du mir etwas sagen, was mir gut tut, zum Beispiel, danke für …? (dies ist ein klares Ansprechen dessen, was gebraucht wird. Es ist auch ein sich „verletzlich zeigen“, vor dem wir oft Angst haben. Meine Erfahrung ist jedoch, dass ein solches Ansprechen, den anderen eher erreicht/berührt).

Eine Antwort von
Nicola Abler

Liebe Frau B.! Auch Beleidigungen kränken und tun weh, verursachen Schmerzen. Kränkungen können krank machen, nicht umsonst spricht man von seelischer/psychischer Gewalt, wenn Demütigungen, Beleidigungen, herabwürdigendes Verhalten zur Tagesordnung gehören und massiv eingesetzt werden. Was aber können Sie selbst dazu tun, um diesen Zustand zu verändern? Ich versuche nun einige Lösungsvorschläge zu machen und Sie schauen, ob Vorschläge dabei sind, die Sie umsetzen können. Sagen Sie klar: „STOP“ und teilen Sie mit, dass Sie dieses Verhalten nicht akzeptieren. Sprechen Sie mit Ihrem Partner darüber, dass Ihnen sein Verhalten weh tut und sie sehr verletzt. Bleiben Sie dabei bei „Ich“-Botschaften, wie beispielsweise: „Wenn du das sagst, tut mir das sehr weh…“. Verzichten Sie auf Rechtfertigungen – sie tun Ihr Bestes. Sagen Sie Ihrem Mann, dass Ihnen viel daran liegt, dass sie beide eine gute Partnerschaft führen und dass sie gerne beitragen wollen, diese zu verbessern. Fragen Sie Ihren Mann, was er gerne anders hätte und was auch er bereit ist, dazu beizutragen. Fragen Sie ihn, welche Lösungsvorschläge er hat. Legen Sie Gesprächs-Spielregeln fest: Begegnen Sie einander mit Respekt und Wertschätzung und auf Augenhöhe. Versuchen Sie, eine Situation aus der Perspektive des jeweilig anderen zu sehen. Der Wechsel der Blickrichtung kann vielfach unterstützend sein. Geben sie beide ihren Gesprächen „Zeit und Raum“. Gespräche, die sie beide für gemeinsame Lösungswege nutzen wollen, entwickeln sich besser, wenn genügend Zeit vorhanden ist und wenn die Emotionen bereits ein wenig „abgekühlt“ sind. Liebe Frau B., bedeutend erscheint mir jedenfalls, dass Sie sich selbst als wertvoll wahrnehmen. Seien Sie sich in jeder Phase bewusst, dass Sie und ihr Mann gleichwertig sind. Für die Umsetzung wünsche ich Ihnen viel Erfolg!

Eine Antwort von
Edith Sandner-Koller