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Nimmt häusliche Gewalt zu?


Liebe Fr. F., danke für die Frage! Zuerst möchte ich meiner „Verwunderung“ Ausdruck verleihen, wie leichtfertig und sorglos manche EntscheidungsträgerInnen mit diesem Thema in der Öffentlichkeit umgehen, weil es Tatsache ist, dass bei dieser Gewaltform nur etwa 15 Prozent der betroffenen Frauen eine Anzeige machen; bei sexualisierter Gewalt sind es etwa sieben Prozent und mir nach wie vor die Zielgruppe der massiv betroffenen Kinder und ein Präventionsansatz fehlen. Wenn ich jetzt „Ja“ und „Nein“ sage, dann deshalb, weil häusliche, familiäre, Partner- oder Beziehungsgewalt zwar unterschiedliche Begriffe sind, aber zwei unfassbare Gewaltphänomene gegen Frauen und Kinder meinen. Beziehungsgewalt – um bei diesem Begriff zu bleiben – fordert tausende direkte Opfer (Partnerinnen) und ebenso viele tausend indirekte Opfer (Kinder, Jugendliche und auch das soziale Umfeld). Wenn wir in den kommenden Tagen und Wochen Antworten und Tipps über Beziehungsgewalt veröffentlichen, dann werden wir sowohl über die situative Gewalt, die gerade in der aktuellen Zeit durch Stress, engem Wohnraum, 24-Stunden-Beziehung, geringe Konfliktlösungsmodelle, Zukunftsängste, Arbeitslosigkeit, fehlende Freizeitgestaltung uvam., zunimmt, als auch über patriarchale Gewalt, die durch Unterdrückung, Isolation, Trauma, Ohnmacht, Hilflosigkeit und kognitiven wie emotionalen Schädigungen aller (un-)mittelbar Betroffenen einhergeht, in den Fokus unserer Informationen stellen. Das heißt, situative Gewalt wird zunehmen bzw. hat schon zugenommen, die patriarchale Gewalt wird „Ja“ in der Intensität der bereits vorhanden Fälle zunehmen und „Nein“, weil diese Gewaltform eine bewusste, strukturierte Gewalt für mehr Macht und Kontrolle ist und sich dahinter andere Gründe verbergen. Unser Ziel wird sein, Männer anzusprechen, Gewalt anzusprechen, generell zu informieren, Frauen und Kinder zu unterstützen, aufmerksam zu machen, zu ermutigen, die Öffentlichkeit aufzuklären und insbesondere in dieser schwierigen Zeit einen elementaren Beitrag zur Stärkung und zum Schutz vieler Zielgruppen zu leisten.

Eine Antwort von
Günther Ebenschweiger